Angst vorm Alt werden, Geld verdienen,
ohne Mama zu leben, vor dem tot. Will 100
Jahre jung sein. Einfach zufrieden und
glücklich leben. Will nicht älter als 29
werden, 100 Jahre lang.
Egal wie weit weg und wohin es uns auch verschlagen hat, in die kleinen Britischen Gassen, in die überfüllten Straßen New Yorks, an die heißen Küsten Australien oder an die schönen Fenster der Berliner Altbau Wohnungen. Irgendwann kommen wir nach Hause zurück. in unser Dorf, unsere Stadt, unsere alte Heimat. in eine Welt in der die zeit still zustehen scheint. und wir sind stolz. stolz auf das was wir erreicht haben. weil niemand anders den Mut hatte, auch nur annähernd das zu wagen was wir erreicht haben.
die Straßen deiner kleinen Gemeinde sind noch die selben, die wir als Kinder mit den Fahrrädern unserer Eltern abgefahren sind. abgelaufen sind. wir kennen sie in und auswendig. jeden Winkel. jede Abkürzung. jedes Versteck. wir träumen noch heute von der Zeit in der diese Straßen und Wege die Adern unserer Kindheit waren. jeder Meter, jeder Zentimeter trägt einen Haufen Erinnerungen mit sich, die uns in den richtigen Momenten in unserer doch so Erwachsenen Welt an die schönste Zeit unseres Lebens erinnern.
Als ich unsere alten Straße letztens entlanglief, an nichts und niemanden dachte, kamen plötzlich all diese kleinen, beinahe unscheinbaren und doch so wahnsinnig wichtigen Erinnerungen in mir hoch die sich zu jener Zeit tief in meinem Herzen verankert haben. ich habe meine Stadt vor Augen. mein Dorf. ich sehe die Häuser in meinen Gedanken. die Wege. die Felder. und überall ploppen Marken mit Andenken auf. sie zeigen mir Ausschnitte meiner Kindheit. alte Träume. Lieder. spiele. Ideen die wir als Kinder in unseren Straßen umsetzen wollten. das was mich geprägt hat. das was mich jetzt als Mensch ausmacht.
Wie wir mit 11 in diesen alten Wohnwagen eingebrochen sind um uns ein geheim Versteck für schlechte Zeiten aufzubauen. wie wir dort unser Helium vom Sommerfest geatmet haben und uns unberechenbar gefühlt haben, mit unseren stimmen wie Mickey Maus. wie wir mit 7 die Hauptstraße mit Springseilen und Reifen abgesperrt haben, um eine Verkehrskontrolle zu machen wie bei der Polizei. wie die Leute sauer wurden. bis dass dann die echte Polizei kam. wie wir mit 12 heulend den Notartzt gerufen haben weil Ann beim Schlittenfahrern durch den Stacheldrahtzaun in den Teich gefahren ist. auf der Wiese vor unserem Haus. wo wir so vieles erlebt haben. und wie wir mit 9 versucht haben die Kühe vom Bauer zu stehlen, um ihnen Kunststücke beizubringen.
Als ich langsam wieder aus meinen Träumereien erwache, stehe ich an unserem Teich im Wald, wo wir so oft geschwommen haben, außerhalb der Stadt, weg von den Häusern. nahe an den Pferdewiesen die unser Revier umgaben. neben mir bahnt sich ein kleiner Bach der glücklich in den See fließt. ich starre in das trübe Wasser und mir wird schlagartig etwas klar, das mir das Herz zerreißt und mir die tränen in die Augen treibt.
das war unsrer Revier, wir herrschten über diesen Ort, brachten ihn zum wanken, zum beben. wir hielten ihn in Atem, machten diese Welt spannend. wir waren es, die nachts durch seine Wälder zogen. auf der suche nach neuen Abenteuern. unentdeckten schätzen und nach der kindlichen Freiheit die uns immer mehr entschwindet. Wir küssten hier, wir aßen, tranken, stritten, schlugen, weinten, redeten, Schrieen. laut. energisch. mutig. wild. auf dass wir ewig zusammenhalten. auf dass unsere Heldentaten noch in 100 Jahren für raunen sorgten. auf dass wir nicht sterben konnten , auch wenn wir schon längst vergangen waren.
unsere kreide Striche sind verblasst. unsere legenden verstummt. unsere Markierungen gelöscht. neue Kreide ziert die Wände unserer verhassten Nachbarn. neue Kinder sorgen für Gesprächsstoff hinter den Fenstern der Häuser. neue Markierungen ersetzen unsere vergangenen. Die Generation die heute in diesen Straßen ihr Unwesen treibt hat keine Ahnung davon, was sich hier vor Jahren abgespielt hat. was wir riskierten. was wir taten. wen wir anfassten. wie viele Feinde wir uns schufen. Wie viele Knie und Ellbogen hier ihre Narben herhaben. es ist ihnen egal. unsere Namen sind ihnen egal. unsere taten. unser Kummer. unsere Lieder. unsere gewonnenen schlachten.
und dann sehen wir ein dass wir keinen einzigen Grund haben uns überlegen zu fühlen. weil wir nichts erreicht haben. weil nichts von Dauer ist. nichts ist für immer. weder an diesem Ort noch woanders. und dass es vollkommen egal ist wie weit weg es uns verschlägt und was wir erleben. mit wem wir es erleben. wie oft und wie intensiv wir es erleben. denn irgendwann drehen wir uns um und gehen. und nichts von all dem ist mehr da. nur die Erinnerung bleibt hier. an diesem Ort. wenn wir irgendwann wider zurück kommen, sehen wir nur noch die verblassten Schatten unserer Kindheit .
unsere Andenken geistern nur noch als vage schatten durch die Stadt. sie haben keine Wirkung. kein verlangen. doch sie dienen als beweis dafür das wir ersetzt worden sind. von jüngeren menschen. von fantasierenden kindern. von Abenteuer lustigen Cowboys und Indianern. von Polizisten, Prinzessinnen Astronauten und Feuerwehrmännern. sie schreiben ihre eigene legende an unseren orten. die orte welche die Kulisse unserer Erinnerung ist. und das weder zum ersten noch zum letzten mal.
aber auch diese Generation wird irgendwann einmal zurückkehren. und sie wird sich an diesem See stehe. und sie wird weinen. und sie wird sich darüber bewusst werden dass keine ihrer noch so krassen, Abenteuerlichen, dramatischen Geschichten in Ewigkeit mündet. dass ihre Geschichten zur legende werden. und dass jede legende mal vergessen wird. dass ihre Jugend an diesem Ort die Kopie einer Kopie ist. und dass das alles zerfällt sobald man sich einmal umdreht.
Alles was uns als Trost bleibt ist der ewige Traum etwas zu tun was noch nie jemand vor uns getan hat, auf ein besseres morgen hoffen, und krampfhaft versuchen den vergangenen Kindheits tagen nahe wie möglich zu bleiben. alles was uns bleibt. etwas tun was nie jemand vor uns tat. also verschlägt es uns in die kleinen britischen Gassen, in die überfüllten Straßen New Yorks, an die heißen Küsten Australien oder an die schönen Fenster der Berliner Altbau Wohnungen.
wir denken nicht an ein kopiertes leben, wir glaube an ein einzigartiges. das macht uns stark. es ist die einzige Möglichkeit nicht den verstand zu verlieren.
wir machen weiter. wir füllen unsere Bücher mit neuen Kopien von Kopien, Abenteuern, die schon erlebt wurden , und Buchstaben die schon geschrieben wurden. und irgendwann kehren wir wieder hierhin zurück. in unsere Stadt. in unser Dorf. in eine Welt in der die Zeit still zu stehen scheint. und wir fühlen uns überlegen. weil niemand hier den Mut hatte, auch annähernd das zu wagen was wir erreicht haben.
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