Ich erinnere ich mich zurück an die
Zeit, in der ich fernab vom Deutschen Alltagsstress durch endlose
Straßen laufe, auf der Suche nach nichts und mit aller Zeit der
Welt.
Dann schließe ich die Augen.
Höre die anders klingenden Vögel
über mir, spüre die Straßen unter mir, unter meinen Füßen, so wunderbar
anders als in meiner Heimat. So unsortiert und chaotisch.
Die schwüle
hitze drückt in meinem Brustkorb und ich höre überall um mich herum Stimmen und Schreie aus den Ländern der Welt. Etwas weiter weg höre ich
das hupen eines Autos und keinen Meter neben mir fährt ein Mofa mit
einem Anhänger voll beladen mit unbekannten Früchten vorbei.
Ich verstehe
hier keine Sprache wenn ich die Gassen endlang gehe, und doch fühle
ich mich geborgen an diesem fremden, magischen Ort. Ich laufe ohne
Ziel in den Hallen dieser Welt herum. Über mir sehe ich manchmal den
blauen Himmel mit gelegentlich vorbeifliegenden Vögeln.
Manchmal sehe ich auch dicke gewebte Vorhänge, Tücher aus allen
möglichen stoffen, in allen Mustern und Farben über mir. Dicke
schwere, die träge mit einer Rundung herunterhängen. Leichte
schillernde Stoffe, die beim kleinsten Wind wehen. Löchrige Teppiche die das babyblau des Himmels in Szene setzen, bunte,
einfarbige, gewebte, gehäkelte, in jeder Art und Weise und allesamt
ganz besonders durch ihre Vielzahl an Einzigartigkeiten die sie von
den anderen unterscheidet.
Während ich nach oben schaue und laufe
rieche ich viele, so viele Gerüche. Fernab von deutscher Reinheit und
Qualität riecht vieles so Geheimnisvoll, viel besonderer, viel
Wertvoller. Diese unbeschreiblichen Gerüche umspielen mich, geben mir
ein noch besseres Gefühl auf meinem Weg durch die Menschen.
Zu meinen
Seiten rufen mir immer wieder Verkäufer Dinge zu, in allen
möglichen Sprachen. Ich fühle mich hier so geborgen, es ist
wundervoll nichts zu verstehen. An einem Platz sehe ich das erste
zweistöckige Gebäude. Es ist eine Bar. Ich gehe hinein, sie ist
erdbraun, aus Holz und Stein gebaut. Das Dach des zweiten Geschosses
besteht auch hier aus Tüchern mit wundervollen Mustern. Der zweite
Stock hat keine Wände, nur ein Geländer an dem Sitzbänke befestigt
sind. Ich knie mich auf die mit dünner Wolle gepolsterten Bänke und
schaue in die ferne. Von hier oben sieht der Markt noch viel größer
aus als ich in mir vorgestellt habe. In der ferne sehe ich eine
prachtvoll bunte Moschee.
Während ich den Muezzin aus der
ferne erstmals wahrnehme der zum Gebet aufruft, scheint mir die Sonne
des Mittags durch die Stoffe auf den Kopf. Von hier oben blicke ich
auf den Markt und den Platz hinab.
Überall sehe ich Menschen in
Gewändern, mit Hüten, lange Haare, kurze Haare, Kopftücher,
Schirme gegen die Hitze stehen hier und da herum. In den Gassen sehe ich
die von der Sonne verbrannten oder vergilbten Decken und Vorhänge,
und an den freien Stellen die weitertreibenden Menschen auf ihren täglichen Wegen.
Ich kann auf ihre Häupter
blicken aber ich wüsste so gerne wo jeder einzelne von ihnen herkommt und wo er hingeht. Links von mir sehe ich einen Mann mit einer Stange über
den Armen an der ungefähr 30 geschlachtete Hühner hängen.
Nachdem
ich eine kalte koka kola hier oben neben Shisha rauchenden Männern und Frauen getrunken habe und die hitze nurnoch
halb so stark in meinem Brustkorb zu spüren ist steige ich die
Treppe der Bar wieder hinab und gehe auf den Marktplatz.
Von hier unten wirkt er viel unübersichtlicher und ich lasse mich im Chaos mit dem Strom der Menschen treiben. Zahlreiche
schreiende, fotografierende, betende, bettelnde und
arbeitende sind überall bunt gemischt dabei ihren Arbeiten nachzugehen.
Aufeinmal kommt ein Mann auf mich zu. Er trägt ein Gewand
und darunter einen dicken Pullover und eine lange Hose. Es ist hier 30
Grad heiß. In seinen Armen hält er einen Adler. Ich versuche
ihm möglichst gekonnt auszuweichen und gehe weiter. Keine drei Meter
von mir steht ein weiterer Mann. Ähnlich gekleidet. Er trägt
außerdem noch einen Hut . Auf dem Arm hält er eine grüne Schlange
die sich blitzschnell um seinen Nacken auf den anderen Arm bewegt.
Ich blicke fasziniert zu und beobachte die Schlange weiter. Ihre
zielstrebigen aber zarten Bewegungen -so geschmeidig wie es kein
anderes Tier je schaffen könnte. Der Besitzer der Schlage kommt auf
mich zu. Er ist jetzt ganz nah an mir und ich stehe da wie gelähmt.
Ich kann ihn riechen, er riecht nach der Sonne. Er riecht nach viel
Schweiß und nach bunten Farben die alle von einer dicken
schmutzschicht überzogen sind. Anders kann ich seinen Geruch nicht
beschreiben. Mit seinen dunklen, sanften Händen legt er mir ganz behutsam
diese grün, in der Sonne schillernde Schlange um den Hals. Sein
Pullover streift meine Haut die von nicht mehr als einem engen Top
und einer Leinenhose bedeckt ist. Ich spüre die kalte Schlange um
meinen Nacken und erzittere. Sie windet sich um meinen Hals, hängt
sich über meinen Brüsten herab und richtet ihren Kopf wieder auf.
Ich bewege meinen Arm vorsichtig auf sie zu und sie schlängelt sich mit eleganten Zügen
um ihn als sei er für sie gemacht.
Mittlerweile merke ich, dass immer
mehr schaulustige einen Kreis um die Schlange, ihren
Besitzer und mich gemacht haben. Unter meinen Füßen spüre ich in
den Sandalen Schweiß der sich mit dem feinen Staub der braunen Erde
zu einem unangenehmen Biotop endwickelt hat.
In der ferne höre ich
Hufgeklapper und dann ein lautes Pferdewiehern. Der Gewürzduft
liegt jetzt nurnoch ganz schwach in der Luft und ich höre ein Kind
schreien.
Ein scheinbar europäischer kleiner Junge macht ein Foto
von mir und der Schlange. Ich kenne ihn nicht. Als er mich bemerkt wie ich zu ihm
hinüberschaue rennt er weiter, zu der vorbeilaufenden
Touristengruppe und versschwindet mir ihr.
Langsam berührt mich der
Schlangenbesitzer am Arm, er streicht hinauf bis zu meinem Ellbogen
und löst somit die Schlange von meinem unteren Arm.
Gleichzeitig
beginnt sich alles um mich herum zu verändern.
Die Pferde und Esel
werden zu LKWs und Autos- Adler und Schlangen verwandeln sich in
Hunde und streunende Katzen.
Die Männer und Frauen in ihren geheimnisvollen Gewändern verwandeln
sich in Männer und Frauen in Anzügen und Kostümen die Hektisch mit
dem Strom verschwinden.
Die staubigen, okkafarbenen, chaotischen
Straßen ersetzen sich gleichzeitig durch Pflastersteine,
symmetrissch, gleich, mit einer durchgehenden, bestimmten Ordnung
angebracht.
Hinter den Marktständen sprießen kalkweiße Häuserblöcke
mit Grafittis aus der Erde, sie wachsen langsam nach oben. Langsam aber so bedrohlich hoch und einnehmend dass sie mir die Sicht zur sonne versperren und alles in schatten ertränken.
Im Vordergrund werden Marktstände
abgebaut und Karren zu den Seiten meiner Blickwinkel gezogen.
Alles
beginnt sich zu drehen und alles passiert so schnell.
Mein Herz
schlägt schneller und mich überläuft ein ängstlicher Schauder.
Das Gefühl des gefangen seins macht sich in mir breit, genauso wie
die Tatsache dass alles zunehmend steril wird.
Saubere Straßen,
Autos, gleich gekleidete Menschen, Häuserblöcke- gerade, einfarbig
angeordnet.
Ich bin wieder zurück.
An einem kalten, weißen Ort
der
Angst macht und an dem man sich so schnell verloren fühlt.