14 Tage

Ich erinnere ich mich zurück an die Zeit, in der ich fernab vom Deutschen Alltagsstress durch endlose Straßen laufe, auf der Suche nach nichts und mit aller Zeit der Welt.

Dann schließe ich die Augen.
Höre die anders klingenden Vögel über mir, spüre die Straßen unter mir, unter meinen Füßen, so wunderbar anders als in meiner Heimat. So unsortiert und chaotisch.
Die schwüle hitze drückt in meinem Brustkorb und ich höre überall um mich herum Stimmen und Schreie aus den Ländern der Welt. Etwas weiter weg höre ich das hupen eines Autos und keinen Meter neben mir fährt ein Mofa mit einem Anhänger voll beladen mit unbekannten Früchten vorbei.
Ich verstehe hier keine Sprache wenn ich die Gassen endlang gehe, und doch fühle ich mich geborgen an diesem fremden, magischen Ort. Ich laufe ohne Ziel in den Hallen dieser Welt herum. Über mir sehe ich manchmal den blauen Himmel mit gelegentlich vorbeifliegenden Vögeln. Manchmal sehe ich auch dicke gewebte Vorhänge, Tücher aus allen möglichen stoffen, in allen Mustern und Farben über mir. Dicke schwere, die träge mit einer Rundung herunterhängen. Leichte schillernde Stoffe, die beim kleinsten Wind wehen. Löchrige Teppiche die das babyblau des Himmels in Szene setzen, bunte, einfarbige, gewebte, gehäkelte, in jeder Art und Weise und allesamt ganz besonders durch ihre Vielzahl an  Einzigartigkeiten die sie von den anderen unterscheidet.
Während ich nach oben schaue und laufe rieche ich viele, so viele Gerüche. Fernab von deutscher Reinheit und Qualität riecht vieles so Geheimnisvoll, viel besonderer, viel Wertvoller. Diese unbeschreiblichen Gerüche umspielen mich, geben mir ein noch besseres Gefühl auf meinem Weg durch die Menschen.
Zu meinen Seiten rufen mir immer wieder Verkäufer Dinge zu, in allen möglichen Sprachen. Ich fühle mich hier so geborgen, es ist wundervoll nichts zu verstehen. An einem Platz sehe ich das erste zweistöckige Gebäude. Es ist eine Bar. Ich gehe hinein, sie ist erdbraun, aus Holz und Stein gebaut. Das Dach des zweiten Geschosses besteht auch hier aus Tüchern mit wundervollen Mustern. Der zweite Stock hat keine Wände, nur ein Geländer an dem Sitzbänke befestigt sind. Ich knie mich auf die mit dünner Wolle gepolsterten Bänke und schaue in die ferne. Von hier oben sieht der Markt noch viel größer aus als ich in mir vorgestellt habe. In der ferne sehe ich eine prachtvoll bunte Moschee.
Während ich den Muezzin aus der ferne erstmals wahrnehme der zum Gebet aufruft, scheint mir die Sonne des Mittags durch die Stoffe auf den Kopf. Von hier oben blicke ich auf den Markt und den Platz hinab.
Überall sehe ich Menschen in Gewändern, mit Hüten, lange Haare, kurze Haare, Kopftücher, Schirme gegen die Hitze stehen hier und da herum. In den Gassen sehe ich die von der Sonne verbrannten oder vergilbten Decken und Vorhänge, und an den freien Stellen die weitertreibenden Menschen auf ihren täglichen Wegen.
Ich kann auf ihre Häupter blicken aber ich wüsste so gerne wo jeder einzelne von ihnen herkommt und wo er hingeht. Links von mir sehe ich einen Mann mit einer Stange über den Armen an der ungefähr 30 geschlachtete Hühner hängen.
Nachdem ich eine kalte koka kola hier oben neben Shisha rauchenden Männern und Frauen getrunken habe und die hitze nurnoch halb so stark in meinem Brustkorb zu spüren ist steige ich die Treppe der Bar wieder hinab und gehe auf den Marktplatz.
Von hier unten wirkt er viel unübersichtlicher und ich lasse mich im Chaos mit dem Strom der Menschen treiben. Zahlreiche schreiende, fotografierende, betende, bettelnde und arbeitende sind überall bunt gemischt dabei ihren Arbeiten nachzugehen.
Aufeinmal kommt ein Mann auf mich zu. Er trägt ein Gewand und darunter einen dicken Pullover und eine lange Hose. Es ist hier 30 Grad heiß. In seinen Armen hält er einen Adler. Ich versuche ihm möglichst gekonnt auszuweichen und gehe weiter. Keine drei Meter von mir steht ein weiterer Mann. Ähnlich gekleidet. Er trägt außerdem noch einen Hut . Auf dem Arm hält er eine grüne Schlange die sich blitzschnell um seinen Nacken auf den anderen Arm bewegt. Ich blicke fasziniert zu und beobachte die Schlange weiter. Ihre zielstrebigen aber zarten Bewegungen -so geschmeidig wie es kein anderes Tier je schaffen könnte. Der Besitzer der Schlage kommt auf mich zu. Er ist jetzt ganz nah an mir und ich stehe da wie gelähmt.
Ich kann ihn riechen, er riecht nach der Sonne. Er riecht nach viel Schweiß und nach bunten Farben die alle von einer dicken schmutzschicht überzogen sind. Anders kann ich seinen Geruch nicht beschreiben. Mit seinen dunklen, sanften Händen legt er mir ganz behutsam diese grün, in der Sonne schillernde Schlange um den Hals. Sein Pullover streift meine Haut die von nicht mehr als einem engen Top und einer Leinenhose bedeckt ist. Ich spüre die kalte Schlange um meinen Nacken und erzittere. Sie windet sich um meinen Hals, hängt sich über meinen Brüsten herab und richtet ihren Kopf wieder auf. Ich bewege meinen Arm vorsichtig auf sie zu und sie schlängelt sich mit eleganten Zügen um ihn als sei er für sie gemacht.
Mittlerweile merke ich, dass immer mehr schaulustige einen Kreis um die Schlange, ihren Besitzer und mich gemacht haben. Unter meinen Füßen spüre ich in den Sandalen Schweiß der sich mit dem feinen Staub der braunen Erde zu einem unangenehmen Biotop endwickelt hat.
In der ferne höre ich Hufgeklapper und dann ein lautes Pferdewiehern. Der Gewürzduft liegt jetzt nurnoch ganz schwach in der Luft und ich höre ein Kind schreien.
Ein scheinbar europäischer kleiner Junge macht ein Foto von mir und der Schlange. Ich kenne ihn nicht. Als er mich bemerkt wie ich zu ihm hinüberschaue rennt er weiter, zu der vorbeilaufenden Touristengruppe und versschwindet mir ihr.
Langsam berührt mich der Schlangenbesitzer am Arm, er streicht hinauf bis zu meinem Ellbogen und löst somit die Schlange von meinem unteren Arm.
Gleichzeitig beginnt sich alles um mich herum zu verändern.
Die Pferde und Esel werden zu LKWs und Autos- Adler und Schlangen verwandeln sich in Hunde und streunende Katzen.
Die Männer und Frauen in ihren geheimnisvollen Gewändern verwandeln sich in Männer und Frauen in Anzügen und Kostümen die Hektisch mit dem Strom verschwinden. 
Die staubigen, okkafarbenen, chaotischen Straßen ersetzen sich gleichzeitig durch Pflastersteine, symmetrissch, gleich, mit einer durchgehenden, bestimmten Ordnung angebracht.
Hinter den Marktständen sprießen kalkweiße Häuserblöcke mit Grafittis aus der Erde, sie wachsen langsam nach oben. Langsam aber so bedrohlich hoch und einnehmend dass sie mir die Sicht zur sonne versperren und alles in schatten ertränken.
Im Vordergrund werden Marktstände abgebaut und Karren zu den Seiten meiner Blickwinkel gezogen.
Alles beginnt sich zu drehen und alles passiert so schnell.
Mein  Herz schlägt schneller und mich überläuft ein ängstlicher Schauder.
Das Gefühl des gefangen seins macht sich in mir breit, genauso wie die Tatsache dass alles zunehmend steril wird.
Saubere Straßen, Autos, gleich gekleidete Menschen, Häuserblöcke- gerade, einfarbig angeordnet.

Ich bin wieder zurück.
An einem kalten, weißen Ort
der Angst macht und an dem man sich so schnell verloren fühlt.


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